Begierde, Leidenschaft und Zeitvertreib

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Der wichtigste Antrieb des Menschen für sein Leben ist der Instinkt des Überlebens. Das primäre Verlangen nach Nahrung, Wasser und Schutz geht wohl allen Bedürfnissen voran. Nicht minder steht es mit der Arterhaltung, welche die menschliche Spezies weiter entwickeln lässt. Mit der Evolution entstanden nach und nach kulturelle Werte, die ebenso nach Erfüllung rufen, so dass es den Anschein hat, dass der Mensch niemals befriedigt werden kann.

Aber der träge und Leid suchende Erdenbürger, dem diese Entwicklung zu viel wurde, fand rasch Ausreden und erfand sogenannt religiöse Skrupel. Er predigte Erfüllung und Glück durch Verzicht. Erfüllung scheint davon abhängig zu sein, inwieweit ein Mensch auf Dinge verzichten kann. Je kleiner das Verlangen, desto früher die Erfüllung. Der kleinkarierte Mensch ist gesellschaftlich gefragt, weil er in seinen Ansprüchen gebändigt ist, und vieles nicht tut, was andere glücklich und zufrieden macht. Sein Hunger ist neidvoll abgestorben. Edel. Diese Tendenz verbreitete sich in Windeseile. Noch heute gibt es Religionen (Kirchen), die gegen jedes Bedürfnis ein Gebot haben und für jedes Vergnügen einen Mahnfinger. Völlerei zum Beispiel oder die Freuden der erotischen Erfüllung. Dagegen steht die Pflicht. „Tue deine Pflicht und frage nicht!“ Die Pflicht der Arterhaltung, an und für sich ein lustvolles Geschäft, ist streng an Tabus gebunden und ist mit herunter hängenden Mundwinkeln zu vollziehen. Keinen Schrei der Lust, denn der könnte den gewünschten Arterhalter schädigen. Der Vorgang ist gut zu berechnen, damit er in einer Pflichtübung erledigt werden kann. Die Berechnung dient dem erfolgreichen Akt und ganz gewiss nicht der Verhütung.

So konnten die Beschränkten, die Beschränkten beschränkt halten. Die Intelligenz hingegen feiert das Leben, weil das Leben im Hier und Jetzt stattfindet. Der Grund dafür ist schlicht und einfach: Der Mensch ist nicht zum Leiden geboren, sondern um das Gebot der Lebensfreude zu erfüllen – um die Fülle der Schöpfung zu erfahren und zu geniessen. Das setzt jedoch das Erleben voraus und nicht den Verzicht.

Die sexuelle Kraft scheint der Schlüssel für ein gelingendes Leben zu sein. Jeder und jede wird zugeben müssen, dass diese Kraft schöpferisch ist – eine Energie, die neues Leben schafft und die menschliche Spezies erneuert und vor dem Aussterben bewahrt.

Der Asket auf seiner Gottsuche unterdrückt diese Kraft mit der Absicht sie zu sublimieren. Ein qualvoller Weg, der nur wenigen gelingt. Wer sich dabei auf die Heiligen und Kirchenväter beruft, vergisst, dass gerade diese, vor ihrer Erleuchtung, Sexprotzen waren – ob Saulus, der zu Paulus wurde, der heilige Augustinus zum Kirchenvater, oder der Heilige Niklaus von der Flüh – sie lebten ihre Sexualität hemmungslos aus. Das tat auch Buddha in seinen jungen Jahren und für Mohammed war die gelebte Liebeslust Kraftquelle und Erneuerung bis zum Lebensende. Es scheint, dass jeder, der Gott finden oder ein Heiliger werden will, zuerst den Sex ausleben muss. Aber nicht nur das, es ist auch für den Profanen, den Ungläubigen eine unerschöpfliche Quelle der Freude und Erfüllung. Es ist ein kreativer Weg, kein banales Bumsen mit Samenverlust, oh nein! Es ist ein lustvolles Übungsfeld, bis die schöpferische Kraft in voller Reinheit, voll geniessbar, durch den ganzen Körper fliesst, für Gesundheit sorgt und den Menschen jung und strahlend erhält.

Sexuelle Erfüllung führt zur Befreiung. Sexualität ist unabdingbar für ein erfülltes Leben, auch notwendig für das persönliche Wohlergehen. Wohlgefühle nähren die Zellen und erhalten jung. Aber, um Sexualität erfüllend zu erleben, braucht es auch ein Quäntchen Spiritualität. Ein Drauflosleben, Fressen, Saufen und Vögeln ist es bestimmt nicht. Es braucht Intelligenz und Bewusstsein dazu. Sehr Hilfreich ist die Fähigkeit sich den eigenen Tod vorzustellen. Dieses Vorstellungsvermögen kann einem Quantensprung gleichkommen. Jedenfalls hebt es die Lust in unbekannte Höhen. Das Erfahren der Endlichkeit weckt das Sehnen nach Ewigkeit, Ewigkeit, wie sie nur in der Lust wahrgenommen werden kann. „Alle Lust will Ewigkeit“ (Nietzsche). Schmerz und Leid hingegen wollen die Endlichkeit, die Erlösung.

Verantwortung für das eigene Tun und Lassen ist empfehlenswert, denn jeder möchte gesund und klaren Geistes alt werden und schliesslich vom gelebten Leben erfüllt sterben.

Um diesen Weg zu gehen sind viele Glaubenssätze aus der Erziehung hinderlich. Auflösung und Neubestimmung sind angesagt. Vor allem das Glaubensjoch eines Lebens nach dem Tode – ein Jenseits, das nur durch ein reines Leben erreichbar sein soll, ist ein Lust-Bremser. Das Leben findet hier und jetzt statt, jeden Augenblick, nicht gestern und nicht morgen. Hier und jetzt ist Fülle und Erfüllung.

 

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