Samarkand
Ein Märchen mit Nachgeschmack (Geschrieben 2003)
Alles Leben ist Leiden. Auf einer meiner Reisen durch Indien, erklärte mir ein Buddhistischer Mönch die Vier Edlen Wahrheiten des Buddha und behauptete, dass mein Leiden auf frühere Leben, auf Begierde und Nicht-Wissen zurück gehen. So braucht es nicht zu verwundern, dass ich eines Tages auf dem Sofa einer Rückführungstherapeutin lag. Ich wollte meinen Leiden ein Ende bereiten. Ihre sanfte, warme, aber bestimmte Stimme lösten mich aus dem Hier und Jetzt. Ich versank in eine traumhafte Bilderwelt. Bald tauchten Bilder auf, aus einem Leben, das aus fernen Welten kam, Bilder, die mich ichaft und seltsam berührten. Ich stand unmittelbar in einem Leben, das ich schon einmal war, immer noch bin und das mein Leben im Wandel des gegenwärtigen Daseins unbewusst prägte. Die grosse Trauer, die mich durch all die Jahre begleitete, als melancholischer Grundton, tiefschichtig eingebettet, zusammen mit einem unsäglichen Schmerz, gehören zur Botschaft dessen, was ich damals in einer früheren Existenz nicht zu verkraften vermochte.
Ich habe mich später immer und immer wieder in diese Botschaft vertieft, mich vorgetastet, durch Schmerz und Trauer hindurch und daraus schliesslich ein Märchen geschrieben, um diesen dunklen Bereich aufzuheitern. Dabei schöpfte ich aus der Atmosphäre und der dichterischen Fantasie, denn von direkten Erinnerungen kann nicht gesprochen werden. Auch Worte können das Damals kaum einfangen. Sie sind lediglich Parabeln, um das zu vermitteln, was im Grunde unsagbar ist. Mein seit Kindheit grosses Interesse an orientalischen Märchen, die Sammlung aus Tausend und einer Nacht, kam mir dabei entgegen, so dass eine entsprechende Gestaltung mit keinen Schwierigkeiten verbunden war.
Da lebte in der märchenhaften Stadt Samarkand in Mittelasien, im Ortsteil der Glücklichen, zwei Tagesreisen entfernt von der Seidenstrasse, die China mit Indien und dem Mittelmeer verbindet, ein wohlhabender Kaufmann in einem zauberhaften Haus, inmitten eines grossen, umzäunten, parkähnlichen Gartens, mit vielen seltenen Pflanzen, Bäumen und Sträuchern, Blumen und Kräutern. Da gab es lauschige Nischen und verspielte Winkel, die zum Verweilen einluden, ein Wasserspiel auch, welches das Spielerische der Schöpfung zum Ausdruck brachte und die Klarheit des reines Geistes, worin die glückliche Seele des Besitzers sich wie ein Gedicht spiegelte. Es herrschte eine Atmosphäre, welche der Liebe, der darin wohnenden, Ausdruck verlieh. Jede Blume, jeder Strauch, jeder Baum erzählte hier von jener Einheit des Lebens, welche die Weisen mit Eros umschreiben, wo das tägliche Tun Lust und Freude ist, das ganze Leben ein Genuss. Die Arbeit war gleichsam wie das Pflügen einer sanften, weiblichen Landschaft, das Durchschreiten der Paradiesespforte mit dem männlichen Schaft. Die Wonnen der Liebe gehörten zum Täglichen der schöpferischen Vielfalt. Eros, Erotik und Sexualität in sich geschlossen, ungetrennt eine Dreieinheit des Lebens, waren nicht die Vorgabe einer schönen, edlen Seele, die Ausdruck des Bösen ist, sondern die Direktheit seiner Verwurzelung im göttlichen Wesen, das seinen Born im Innersten hat und mitten im Leben steht. Gepaart mit dem Verstand und der Vernunft machen sie die Gesamtheit des Lebendigen aus.
Die Frauen des Kaufmanns, von ihm verwöhnt und geachtet, fühlten sich hier wohl, waren erfüllt und voller Lebensfreude. Sie dienten ihm gerne. Er war nicht herrschsüchtig, sondern sanft, weitsichtig und gerecht. Ob Dienerin oder Herrscher, sie dienten alle gleichermassen der Schöpfung, auf einer Ebene, die wiederum nur dem Einsichtigen zur Weisheit gedeiht. Es gab keinen Grund, die Kultur, in der sie lebten, zu hinterfragen.
Die langen Reisen des Kaufmanns wurden immer wieder zu Quellen der Sehnsucht der Daheimgebliebenen. Sein Beruf erforderte diese gefährlichen Unternehmen, denn er wollte seinen Wohlstand vermehren, der auch seinem Ansehen diente. Oft kehrte er erst nach vielen Wochen wieder zurück. Kam er heim, reich an Geschenken, klang bald wieder das Lachen durch Haus und Garten, das Scherzen und Schäkern, vermischt mit den Wohllauten der Liebe.
Dieses Spiel von Abwesenheit und Hiersein hatte damals noch eine andere, tiefere Bedeutung. Es schaffte die Ausgewogenheit des von sinnlicher Lust getragenen Weiblichen mit dem Männlichen, das durch die Askese der langen Reisen gereinigt wurde. Einerseits war es die Lust an sinnlicher Liebe und anderseits die Lust an der Askese und der Reinigung für den reinen, göttlichen Geist. Es ist die Lust des Lebens, die Trennung von der Einheit und innigen Verschmelzung immer wieder zu vollziehen, um diese bei der Rückkehr von neuem zu erfahren. Verschmelzung setzt Trennung voraus. Kein Sterblicher könnte das Einswerden erfahren, ohne den Gegenpol zu kennen. Nicht die Zustände sind lebenswert, sondern das Fliessen dazwischen, das Werden. Das Suchen auch, Sehnsucht genannt, nach göttlicher Einheit, nach Seim und Ambrosia, dem Feuertanz der Ekstase. Die Suche des Kriegers nach dem weiblichen Aspekt Gottes im Schosse der Frau, dem lichtvollen Juwel. Der Mann soll sich nach dem Weiblichen sehnen, bis er durch die Frau Gott findet, sehnsüchtig wie ein Säugling nach der Mutter.
Samarkand, Hauptstadt des Landes Usbekistan, das alte Marakanda, mit seinen prächtigen Moscheen und Mausoleen, der Zitadelle, schon 329 v. Chr. von Alexander dem Grossen und 1220 n.Chr. von DschingisKhan erobert, um 1369 – 1404 Residenz Timurs, auch Timuriläng genannt – ein durchaus geschichtsträchtiger Ort mit der bereits im 15. Jahrhundert berühmten Sternwarte. Jeder Sterbliche, der hier seine irdischen Tage verbringen durfte, gehörte zu den Auserwählten. Bekam er die im Alltag und auf der Strasse verschleierte Anmut und Schönheit der hier so sanftwüchsigen Frauen zu Gesicht, erbebte seine Seele bis ins Innerste, und wie mit einem unzerbrechbaren, schicksalhaften Beschluss blieb er an einem solchen Antlitz hängen, bis der Tod mit seinem Schwert die Trennung vollzog. Voller Gnade derjenige, der solches in seinen Tagen geniessen und erfüllen durfte.
Und was hier alles durch Fleiss und Können hergestellt wurde: Teppiche und Seidenwaren im Überfluss! Nicht umsonst trieb der Kaufmann seine schwer beladenen Karawanen auf der Seidenstrasse in jene Handels und Umschlagplätze, auch nach Hamadan in Persien, wo die Händler aus der ganzen damaligen Welt auf die mit Gold und edlen Steinen aufgewogene Fracht warteten. Bis zum Mittelmeer und nach Basra im Persischen Golf führten seine Wege, zu den reichen Herrschern auch in den arabischen Landen. Er war stets willkommen, denn er brachte nur das Beste vom Besten, nur das Schönste vom Schönen und nur das Edelste vom Edlen. Er wurde dafür fürstlich gehalten und manch einer hätte ihm gerne seine Tochter geschenkt, um ihn an sein Haus und seinen Namen zu binden. Wen wundert‘s, dass der Grosswesir seiner Stadt ihm seine jüngste Tochter, schön wie die Morgenröte, anvertraute, nur weil diese ihren Vater darum bat? Die Lieblingstochter wurde zur Lieblingsfrau.
Bei so viel Glück machte auch der Neid sich bemerkbar. Auch in das Herz seines besten Freundes, des Seidenhändlers in der Nähe des Marktes, schlich dieses bittere Gift. Selber reich und begütert, sehnte er sich nach der Tochter des Wesirs und hätte gerne sein ganzes Vermögen darum gegeben. Er wurde abgewiesen. Das Feuer des Bösen zerstörte das Gute und wurde zur Feindschaft. Was er nicht bekam, sollte niemandem sonst gehören. Sein Ziel galt nur noch der Zerstörung des Freundes und all dessen, was der besass.
Der Freiheitsliebende, der sich auf seinen Wegen nach den Sternen ausrichtete, erbrachte nur Allah, dem Allerhöchsten, Rechenschaft. Er war ein Krieger im Herzen mit dem Trachten nach Vereinigung und Vermählung – mit dem Allerhöchsten allerdings. Der Edelmütige beachtete die Veränderung im Wesen seines Freundes nicht. Wie aus Freundschaft und Liebe Heuchelei wurde, entging dem Glückseligen. Er zeigte sich stets grosszügig gegen alle, auch gegenüber den Armen.
Die Weisheit des Allerhöchsten wollte jedoch, dass er zu jenen gehören sollte, die erfuhren, dass Liebe auch Schmerz sein kann, Schmerz, der in den Wahnsinn, in Nacht, Ohnmacht und Bewusstseinsverlust führt. Das scheint so sinnlos. Nur Weisheit kann im Unsinn des Lebens den tiefen Sinn erkennen. Die Beschränkung des Gläubigen kennt nur das Leiden.
Was soll Liebe sein, wenn sie das Gegenteil dessen bringt, was sie verspricht? Statt Erfüllung und Seligkeit, Sehnsucht und Schmerz, teuflische Qualen – verzehrendes Feuer – sobald die Liebe im Fleische sitzt, sich im Leib verkörpert und die Ganzheit, die Erfüllung im Pol des anderen Geschlechts sucht. Wenn das verheissungsvolle Juwel zur Göttin wird, durch eine sinnverwirrende weibliche Gestalt und sich einem Manne zu erkennen gibt, was dann?
Solange die Liebe Geist ist, hat sie gut reden. Mit Engelszungen und Schalmeien, von mir aus. Sinnlich gelebte Liebe mit all ihrer Zärtlichkeit und den Wonnen der innigen Berührung ist für den gewöhnlichen Sterblichen das Erlebbare, Erfassbare und in seinen Wohlklängen auch Hörbare – in der Schönheit auch sichtbar. Schönheit ist Geist in einem sinnlichen Leib. Der allmächtige Herr über alles schenkt sie all jenen, die in seiner Weisheit leben.
Oh Schmerz und Trauer, eines Tages bei seiner Heimkehr erblasste die Sonne des Glückes, traf ihn ein Schlag des Schicksals. Sein Herz und sein Geist waren voller Sehnsucht nach seiner Lieblingsfrau, der göttlichen Schale all seiner Träume und Wünsche. Welch eine Schönheit, nur mit dem Vollmond in einer lauen Maiennacht zu vergleichen, welch eine Wonne an Zärtlichkeit und Liebe, an Hingabe und Erfüllung. Die kommende Zeit sollten ihr und ihm selber gehören. Der Schreck sass tief. Die Schöne war aus ihren Gemächern durch Hinterlist und Gewalt entführt worden. Kein Sterblicher wusste wohin. Trotz eifriger Suche blieb sie für immer verschwunden. Gabst du, Herr über Leben und Tod, diesem Edlen die Liebe, um durch sie die Hölle zu erfahren? Nicht nur für ein einziges Leben, nein, als Wegweiser für mehrere Leben? Da war der Kaufmann, der nicht mehr Kaufmann sein konnte und sinnlos herumgetrieben wurde. Da war der Gralssucher, der das Ziel aus den Augen verlor und in die Irre ging. Gottes Wege sind oft seltsam. Wenn die Liebe des Höheren bedingungslos ist, weshalb denn ein Schicksal, das als Strafe empfunden werden muss?
Die Suche nach dem Unwiederbringlichen blieb erfolglos. Die Spur verlor sich in den Hinterhöfen der Innenstadt, beim grossen Seidenlager seines Freundes. Sein bester Freund. War es das Leuchten des Triumphes in dessen Augen, als dieser den Leidgeprüften mit geheucheltem Mitleid in seine Arme schloss, das ihn verriet? Es waren Augenblicke des Erkennens, die genügten, um zu zerstören, was ein Mensch mit Fleiss und edler Gesinnung über viele Jahre schuf. Der Schmerz war so gross, dass der in seinem Glück Zerstörte seinen Verstand verlor und sich von tiefer Nacht umhüllen liess, die ihn von aller Unbill befreite.
Wäre er wach geblieben, hätte er sein verlorenes Glück in den Gemächern seines einstigen Freundes gefunden. Der Herr der Barmherzigkeit schenkte ihm jedoch voller Gnade seliges Vergessen.
Die Tränen der Trauer blieben ungeweint und der Schrei des verzweifelten Schmerzes blieb stumm, die Sehnsucht nach dem Erfüllten erlosch in der Dunkelheit. So musste er denn auch wieder geboren werden, um das Unterlassene auszutragen, um die Seele aus der Gebundenheit zu erlösen.
Ein Nachspiel
Die aus Träumen erfundene Geschichte wurde im Sommer 1999 weitergeschrieben. Eine Heilerin aus Deutschland weilte bereits den dritten Sommer für einige Wochen zur Erholung auf Anitas Gesundheits-Finca. Ihr war beim ersten Besuch sofort klar, dass hier der Ort ist, wo sie sich erneuern kann. Anita, meine Partnerin, und sie haben sich rasch angefreundet.
Diesen Sommer, kurz nach der Ankunft, gab ihr Anita einige meiner Erzählungen zu lesen, darunter auch die Geschichte Samarkand. Eines Abends rief sie aufgeregt nach Anita. Sie hatte meine Erzählung gelesen. Sie stand völlig verwirrt vor Anita hin. Von einem heftigen Schütteln ergriffen, von einem Beben auch, stotterte sie: „Diese Frau war ich!“
Anita orientierte mich. Voller Heiterkeit nahm ich es entgegen. Es war eine lichtvolle, gute Heiterkeit, voller Ungläubigkeit und Staunen. Anfänglich wollte ich es einfach so stehen lassen und nicht darauf eingehen. Aber der Forscher mit seiner Neugierde war stärker. Ich wollte wissen, was aus der geschilderten Lieblingsfrau geworden ist, ja, und wie es jetzt weitergehen soll.
Was vor mir stand war bestimmt nicht die weibliche Erscheinung, in der sich die Seele meiner damaligen Lieblingsfrau verbarg. Da kam mir weder körperlich noch seelisch-geistig eine Entsprechung entgegen. Diejenige, deren intime Bekanntschaft, schon vor Jahren, zur liebevollen erotischen Verschmelzung führte, erinnerte mich weitaus mehr an mein früheres Leben und glich meinen, in den Jugendjahren spontan gemalten Frauenbildnissen in frappanter Art und Weise. Jene reagierte mit Ärger, als ich ihr die Ergebnisse meiner Reise in frühere Leben schilderte. Sie wollte die Liebe im Hier und Jetzt geniessen und mit mir die Hochzeit der seelischen Verschmelzung feiern, immer wieder. Sie kannte die Natur der Seinserfahrungen seit ihrer Jugend. Durch mich konnte sie diese einordnen und neu, ohne Angst erleben. Sie feierte die Erlösung im Hier und Jetzt und nicht in den Träumen der Vergangenheit. Das gefiel mir und entsprach ganz und gar meiner Philosophie. Meine Reise in frühere Leben entsprang meiner forschenden Neugier und hat mit Glauben nichts zu tun.
Ich suchte den Kontakt und das Gespräch mit unserem Gast. Bis jetzt spürte diese liebenswürdige Frau nur, dass sie diese Frau war und ist. Ihre Seele hatte sich gut versteckt, in einem Körper, der mich nicht erinnerte und der damaligen Realität in keiner Weise entsprach. Ich fand keinen Kontakt zu ihr. Ihr Wesen blieb mir fremd.
Ohne meine Präsenz konnte sie die Geschichte nicht weiterentwickeln und mir auch keine Auskunft geben über die damaligen Ereignisse. Ich war einverstanden, dass sie mit ihrem „Hohen Selbst“ über mich Kontakt zu damals aufnahm. Was in unserer Gegend sonst nie geschah, passierte in diesen Augenblicken. Ein Helikopter kreiste in geringer Höhe mehrmals über unserem Sitzplatz, mit einem Spektakel, dass wir uns nicht mehr verstehen konnten. Es musste Interessen geben, die unsere Sitzung zu verhindern suchten. War es der Übeltäter von damals, in einer neuen Inkarnation als Pilot? Sie meinte es. Wiederum empfand ich eine übernatürliche Heiterkeit.
Der Störenfried verzog sich. Das Hohe Selbst der Heilerin, die vorgab einst meine Lieblingsfrau gewesen zu sein, gab ganz klare Auskünfte. Es bestätigte meine Geschichte und auch die Gründe und Augenblicke des Erlöschens meines Bewusstseins. Was ich bisher nicht wusste und nur schwach erahnte, weil vom Schmerz zugedeckt, bestätigte sich. Mein bester Freund hatte aus Neid ganz bewusst meine Zerstörung gewollt. Er hat meine Lieblingsfrau entführt und sie als Sklavin genommen. In den Armen eines Verbrechers verlor ich das Bewusstsein und wachte nicht mehr auf.
Was aus meiner Lieblingsfrau geworden ist und wie es ihr erging? Darauf bekam ich keine Antwort. Auch die Frau von heute, die Heilerin mit dem Kontakt zum Hohen Selbst, die angeblich meine damalige Frau war, konnte kein Licht ins Dunkle bringen. Sie schwieg darüber und brach den Kontakt zu mir ab. Ich habe sie nie wieder gesehen.
Das Ganze schien mir ein Spiel einer dramatisch begabten Fantasie, eine Dramaturgie der Geltungssucht. Ich spüre erneut eine tiefe Trauer, Mitleid und Liebe. Mein Emotionalkörper ist betroffen. Darüber jedoch jene lichtvolle Heiterkeit, die über das Absurde im Leben lachen kann.
Neid war die Ursache für die Zerstörung von Liebe und Einheit, einem Glück, das auf Tausend und eine Nacht beschränkt blieb.
Zurück ins Jahr 1982. In meinem Büro hängen und liegen einige wertvolle Teppiche, die meisten aus der beschriebenen Gegend, zum Teil aus Buchara, aber auch aus Persien, Afghanistan und aus China. Jeder Raum meines Institutes ist ebenfalls mit Teppichen geschmückt. Sie sorgen für Wärme und Geborgenheit und regen zur Meditation an.
Die Suche nach meiner Lieblingsfrau prägte lange auch mein jetziges Leben. Was anfänglich völlig unbewusst geschah, war für viele ein Stein des Anstosses. Mir jedoch öffnete sich dadurch ein Tor für tiefe Einsichten. Mit dem Aufsuchen der Quelle lösten sich die Verquickungen und ich wurde frei. Die Geschichte von damals verband sich mit meinem jetzigen Leben und bekam einen Sinn. Zwei Kulturen trafen aufeinander, dort jene der Moslems und hier die der Christen. Was dort offen und in Einheit gelebt wurde, war hier durch Tabus und Dogmen belastet. Das Spannungsfeld hätte nicht grösser sein können. Es blieb nur der Schritt in die geistige Freiheit.
Die Suche nach dem verlorenen Glück wurde zu einer Suche nach dem göttlichen Gral. Daraus wurde ein wunderbares Leben, das Lied, das jeder im Rauschen des Windes hört, wenn er hinhört und sich davon tragen lässt.
Ich treffe eine anmutige Frau. Eine Wohlgestalt! Sie erinnert mich. Wir verbinden uns. Die Gestalt erfüllt sich und ich bin frei. Mitnichten! Auf einer Reise nach Ladakh besuche ich ein Tempelfest. Gleichen Tags, gegen Abend, bei strahlender Sonne, stehe ich vor meinem mit englischem Luxus ausgerüsteten Zelt. Nicht weit von mir entfernt geht graziös eine weibliche Gestalt, feingliedrig, schlank und aufrecht, über den Rasen. Ich erschrak. Sie trug jenen Hut, den ich als Maler oftmals, zusammen mit einem lieblichen Frauenantlitz malte – und sie hatte den gleichen Mund, den ich auf einer Leinwand verewigte. Bei dieser Frau lebendiges Erinnern. Wir erkannten uns ohne Worte, die Verschmelzung ein Bad im Urquell der Glückseligkeit.
Immer und immer wieder, Kleinigkeiten riefen die Erinnerung wach. Da war kein sexueller Antrieb. Es wurde von einer spirituellen Ebene getragen und von mir lange Zeit nicht richtig erkannt. Meine Natur als Krieger suchte stets und immer wieder die Urkost in der Vereinigung mit dem Weiblichen. Meine Muse trieb mich stets zur Richtigen hin.
Inzwischen habe ich den Schmerz hinausgeschrieen und die Trauer des Unerfüllten ausgetrauert. Die Sehnsucht hat sich im Hier und Jetzt aufgelöst. Und da ist die spirituelle Liebe, die wieder und wieder Fleisch wird, um die Wonnen der liebevollen Erotik zu geniessen. „Durch die Leidenschaft lebt der Mensch, durch die Vernunft existiert er bloss.“ (Nicolas Chamfort).